„Als sie über die Donau ins Baiernland gekommen waren, /
Verbreitete sich die Nachricht, /
Kriemhild, die Königin, sei unterwegs zu den Hunnen…/
In Plattling machte man Quartier für sie.“
Ein neuer Blick auf einen vertrauten Stoff. Die meisten werden die Figuren und Konflikte des Nibelungenlieds kennen. Und doch erscheinen sie in der Fassung von Eva Sixt und Joseph Berlinger faszinierend anders:
Dieses Intrigen-, Mörder- und Rachestück scheint mitten in unserem Inneren zu spielen – und in Plattling. Sixt und Berlinger greifen eine bekannte Anekdote auf und verlegen ihren ersten Akt ins mittelalterliche Pledeling. Hier wird ein großes Fest für Kriemhild vorbereitet, zur Feier ihres Hochzeitszugs. Und Rumolt, der burgundische Koch, lässt die Einheimischen in traumhaften Szenen an der Vorgeschichte des sich anbahnenden Dramas teilhaben. Es sieht so aus, als würde er alles durchschauen.
In einem Disput der Königin mit ihrem Oheim Bischof Pilgrim geht es am Ende um die großen existenziellen Themen: um Vergeltung oder Vergebung und um die Frage, was den Menschen zum (Un-) Menschen macht.
Der zweite Akt spielt viele Jahre später auf der Burg des Hunnenkönigs Etzel, Kriemhilds neuen Mann. Und sie, die den Tod Siegfrieds nicht vergessen kann, lädt ihre mörderischen Verwandten ein, um an ihnen Vergeltung zu üben. Was die anderen für ein Friedens- und Versöhnungsfest halten, wird unter ihrer Regie zu einem blutigen Massaker.
Von der ersten Rückschau bis zur letzten Szene vergehen 36 Jahre. Deshalb werden die großen Rollen doppelt besetzt, anfänglich mit jugendlichen, dann mit reiferen Darstellern. Man sieht, wie die Zeit vergeht und wie doch für das Unbewusste alles in einer ewigen Gegenwart verharrt. Was kann man tun, wenn die Vergangenheit, die einen bedrängt, nicht vergehen will?
Für dieses neue Nibelungenfestspiel haben sich sehr viel mehr Frauen als Männer gemeldet. Die Autoren und Regisseure sehen diesen scheinbaren Mangel als Chance, um festgeschriebene Figuren neu zu interpretieren. Wenn ein Mann von einer Frau dargestellt wird, begreifen wir dann, was ihn um- und antreibt anders - und vielleicht besser? Aus dem Rollenklischee bricht mit einem Mal das Menschlich-Allzumenschliche hervor.
Rollenbesetzung – tragende Rollen Nibelungenfestspiel 2022
RUMOLT, DER KOCH SIEGFRIED
Claus Peter Kuhn Thomas Niedermeier
JUNGE KRIEMHILD JUNGE KRIEMHILD
Julia Forster Julia Forster
JUNGE BRUNDHILD JUNGER KÖNIG GUNTHER
Veronika Kirschner Jonas Halser
BISCHOF PILGRIM HAGEN VON TRONJE
Georg Knödl Dr. med. Marion Einhellig
KÖNIG ETZEL ÄLTERE KRIEMHILD
Vanessa Brandl Renate Kinkel
ÄLTERE BRUNHILD ÄLTERER KÖNIG GUNTHER
Tamara Halser Martin Halser